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Das bayerische Chemiedreieck

Das bayerische Chemiedreieck

Von: Tilman Weigel

In Burghausen an der Grenze zu Österreich ist es ländlich. Mittel- oder gar Großstädte gibt es hier keine, Autobahnen auch nicht und die Eisenbahnstrecke, die die Grenzstadt mit Mühldorf verbindet, ist weitgehend eingleisig und nicht elektrifiziert. Und doch wird auf dieser Strecke rund ein Prozent des deutschen Schienen-Güteraufkommens transportiert. Denn in der Umgebung von Burghausen befindet sich das bayerische Chemiedreieck.

Die Lage des bayerischen Chemiedreiecks - Grafik: Montauk

Vom angeblichen Niedergang der ländlichen Regionen ist hier nichts zu spüren. Gerade mal 3.800 Menschen im Landkreis Altötting mussten 2010 im Durchschnitt von Hartz IV leben, fast ein Drittel weniger als noch vor vier Jahren. Dafür wird an allen Ecken und Enden gebaut. Während andere Kommunen sich um ihre Defizite sorgen, muss die Stadt Burghausen sich überlegen, wie sie ihre Überschüsse am besten anlegt. Und das obwohl man durchaus spendabel ist. Die Sozialhilfeempfänger bekommen Weihnachtsgeld und das Kulturprogramm übertrifft das vieler Mittelstädte und sogar mancher verarmten Großstadt.

Zu verdanken hat die Stadt das dem bayerischen Chemiedreieck, das sich zwischen Ampfing, Simbach und Traunreuth befindet und rund um Burghausen sein Zentrum hat. Angelockt wurden die ersten Firmen von der Wasserkraft, denn für die elektro-chemischen Werke brauchte man viel Strom. 1908 siedelten sich die Bayerischen Stickstoffwerke an, die in Schalchen nördlich von Trostberg ein Karbidwerk errichteten und in Trostberg selbst ein Werk, das Karbid zu Kalkstickstoff und diesen zu Dünger weiterverarbeitete, wenig später folgten Bayerischen Stickstoffwerke in Hart, die Bayerische Aluminium AG und Wacker Chemie.

Burghausen ist das Zentrum des bayerischen Chemiedreiecks - Foto: Werner Hölzl

25 Betriebe mit etwa 25.000 Beschäftigten gibt es heute in der Region. Alleine 10.000 Menschen arbeiten für Wacker Chemie, die viele vor allem wegen des nach ihr benannten Fußball-Drittligisten Wacker Burghausen kennen. Mit Borealis, Linde und dem Mineralölkonzern OMV haben drei weitere namhafte Unternehmen große Werke in Burghausen und im Nachbarort Burgkirchen liegt auf dem Gelände der ehemaligen Hoechst-Werke der Industriepark Gendorf mit rund 25 Betrieben und 4.000 Beschäftigten.

Doch selbst im Wirtschaftswunderland gibt es Probleme. Weil die Betriebe in Gendorf nicht mehr so viel Gewerbesteuer wie früher zahlen und weil die Gemeinde sich in den guten Jahren mit Freibad, Eishalle, Bürgerzentrum und Spielstadt einiges geleistet hatte, steht der Ort vor der Pleite. Die Schließung des Freibades konnte nur verhindert werden, weil die reichen Nachbarn aus Burghausen einsprangen.

In der Region ist man zuversichtlich, dass es trotzdem weiter aufwärts geht. 2,5 Milliarden Euro sollen in neue Produktionsanlagen und die Standortinfrastruktur investiert werden und eine neue Pipeline ist in Planung. Die ländliche Lage ist dabei ein Vorteil. Erweiterungsflächen gibt es immer noch genug.

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