Von: Tilman Weigel
Gerade mal rund 1.000 Einwohner hat das unterfränkische Rothenfels – und darf sich doch Stadt nennen. Damit ist die Gemeinde im Landkreis Main-Spessart die kleinste Stadt Bayerns. Garmisch-Partenkirchen zum Vergleich hat rund 26.000 Einwohner – und ist trotzdem nur eine Marktgemeinde.
Der Grund für diese „Ungerechtigkeit“ liegt natürlich in der Geschichte, in einer Zeit, als Rothenfels ein bedeutender Verwaltungssitz war. 1148 entstand die Burg Rothenfels. Die Stadt wird zwar erst rund 200 Jahre später erstmals erwähnt. Allerdings hat es vermutlich schon kurz nach der ersten Jahrtausendwende ein Fischerdorf an dieser Stelle gegeben haben. Mit dem Bau der Burg einhundert Jahre später, dürften daraus die Stadt und das Hofgut Bergrothenfels entstanden sein.
Grund für die erste urkundliche Erwähnung war der Übergang der Stadt an den Fürstbischof von Würzburg, der die Burg mit Amtmännern besetzte und das Amt Rothenfels schuf. Von hier aus wurde der Nordwesten des Hochstifts Würzburg bis zum Amt Gemünden verwaltet. Aus der Würzburger Zeit stammt auch ein großer Teil der alten Fachwerkhäuser, die heute das Ortsbild prägen. Die meisten wurden gegen Ende des 16. Jahrhunderts errichtet. Damals entstanden unter der Leitung des legendären Fürstbischofs Julius Echter unter anderem das Rathaus, das Spital und die (damals) neuen Stadttore.
Das Amt Rothenfels bestand auch weiter, als die Stadt 1813 bayerisch wurde. Erst 1862 kam für die Stadt die Wende. Damals wurden in Bayern Justiz und Verwaltung getrennt und in Lohr ein Bezirksamt eingerichtet. Das Amtsgericht in Rothenfels war fortan keine Verwaltungsbehörde mehr. 1879 wandert auch dieses nach Lohr. Größere Industriebetriebe, die der Stadt überregionale Bedeutung bescheren konnten, gab es nicht. Damit hatte Rothenfels seine Stellung endgültig verloren. 1976 wanderte selbst die Gemeindeverwaltung mit der Gründung einer Verwaltungsgemeinschaft ins benachbarte Marktheidenfeld – einen Ort der damals noch keine 30 Jahre Stadt war.
Die Rothenfelser werden es verschmerzt haben. Dafür listet die Internetseite der Stadtverwaltung eine für einen Ort dieser Größe beeindruckende Zahl von sechs Gasthäusern auf. Zu den wichtigsten Industriebetrieben der Stadt gehören eine Brauerei und eine Kelterei. Die Altstadt ist nach wie vor sehenswert und der Spessart als Ausflugsziel nicht weit.