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Als München kommunistisch war

Als München kommunistisch war

Von: Tilman Weigel

Rote Fahnen in München und eine kommunistische Regierung. Was sich wie der Alptraum des bekennenden Kalten Kriegers Franz-Josef Strauß anhört, war in München einst Realität. Rund einen Monat lang, vom 7. April bis zum 2. Mai 1919 herrschte eine Räteregierung in München.

Aufreibende Zeiten für München Anfang des 20. Jahrhunderts

Den Bayern wird ja von jeher ein gewisser Hang zur Anarchie nachgesagt. Doch „die Roten“ hatten es in Bayern meist schwer. Lediglich in den Industriestädten Augsburg und Nürnberg und in München waren sie einigermaßen erfolgreich. Denn in weiten Teilen war Bayern damals sehr ländlich geprägt. In Franken und Schwaben kam dann noch die Realteilung hinzu. Dort war es nämlich Tradition, dass Bauern ihren Landbesitz unter allen Söhnen aufteilten. Daher waren viele Arbeiter gleichzeitig Nebenerwerbslandwirte oder besaßen zumindest Land. Von Verstaatlichung wollten sie deshalb nichts hören.

Die Räterepublik war daher auch mehr ein Münchner Ereignis. Zwar erhob sie den Anspruch, ganz Bayern zu regieren. Doch ihre tatsächliche Macht war beschränkt, zumal der große Teil der Bevölkerung nicht hinter ihr stand. Dass es trotzdem so weit kam, hängt mit einer Reihe von Ereignissen zusammen.

Die Ermordung Kurt Eisners brachte neues Chaos

Im November 1918 endete in Bayern die Monarchie. Nach dem verlorenen Krieg und der Unzufriedenheit der Bevölkerung mit Hunger und Arbeitslosigkeit rief der USPD-Politiker Kurt Eisner am 7. November 1918 den Freistaat aus. Allerdings waren die Revolutionäre sich nicht einig, ob das neue Bayern eine Räterepublik oder eine parlamentarische Demokratie werden sollte. Eisner selbst wollte ein demokratisches Bayern und setzte Landtagswahlen durch, bei denen seine Partei allerdings deutliche Verluste erlitt.

Doch Eisners geplanter Rücktritt vom Amt des Ministerpräsidenten hielt den nationalistischen Anton Graf von Arco auf Valley nicht davon ab, den Politiker am 21. Februar 1919 zu ermorden. Damit wurde Bayern erneut ins Chaos gestürzt. Zwar wählte der Landtag mit Johannes Hoffmann (SPD) einen neuen Ministerpräsidenten, doch damit kehrte keine Ruhe ein. Rechts- und Linksextreme bekämpften die neue Regierung gleichermaßen.

Ministerpräsident Johannes Hoffmann floh nach Bamberg

Am 22. März wurde auch in Ungarn eine sozialistische Räterepublik ausgerufen. Das stärkte die Kräfte innerhalb der radikalen Linken, die einen gewaltsamen Umsturz forderten.  Am 7. April war es soweit. Der Zentralrat und der Revolutionäre Arbeiterrat riefen die Räterepublik aus, Hoffmann musste nach Bamberg fliehen.

Große Auswirkungen hatte das außerhalb München zunächst nicht. Zwar schlossen sich einige Städte der Räterepublik offiziell an, doch der Großteil Bayerns stand ihr ablehnend gegenüber. Zudem waren sich die neuen Machthaber selbst nicht einig. In den nur rund vier Wochen bildeten sich zwei verschiedene Regierungen. Der ersten, aus anarchistischen und pazifistischen Intellektuellen bestehenden folgte bald eine zweite, die vor allem aus Mitgliedern der Kommunistischen Partei bestand und ein System nach dem Vorbild der Sowjetunion anstrebte.

Kritische Zeitungen wurden verboten und die Rote Armee wurde ausgebaut. Denn die nach Bamberg geflohene gewählte Regierung hatte das Militär und die Freikorps zu Hilfe gerufen. Nach kurzem Kampf war die Räterepublik niedergeschlagen. Was aber blieb war eine Destabilisierung Bayerns, für die sich Sympathisanten und Gegner der Räterepublik bis heute gegenseitig die Schuld geben.

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