Von: Tanja Ranzinger
Der Bogenberg, nordöstlich von Straubing ist am Pfingstsonntag Schauplatz einer ganz besonderen Wallfahrt. An diesem Tag kommen Pilger aus Holzkirchen, das ist ein kleines Dorf bei Vilshofen mit einer auf den ersten Blick ungewöhnlichen Votivgabe zum Bogenberg. Von Holzkirchen bis zum Bogenberg sind es 75 km. Die gesamte Strecke wird betend eine 12,50 Meter lange und knapp einen Zentner schwere Kerze getragen, bis hinauf zum Bogenberg.
Bei dieser Kerze handelt es sich um eine mit Wachs spiralförmig umwickelte Holzstange, die auf dem langen Fußmarsch liegend auf den Schultern der Pilger getragen wird. Insgesamt sind die Wallfahrer zwei Tage unterwegs, bis sie am Fuße des Bogenberges ankommen. Unterwegs wird im Kloster Niederalteich eine Rast eingelegt, das Nachtlager wird in Deggendorf aufgeschlagen. Erreichen die Kerzenträger die Stadt Bogen, schließen sich ihnen weitere Wallfahrer an und beten mit ihnen.
Zugegeben, es ist ein ungewöhnliches Kerzenopfer. Gleichzeitig ist es ein Brauchtum aus dem 15. Jahrhundert, welches auf ein Gelübde durch die Holzkirchner zurückzuführen ist. Ende des 15. Jahrhunderts hatte eine furchtbare Borkenkäferplage die Wälder heimgesucht. Die Holzkirchner verlobten sich in ihrer Not mit der Muttergottes zu Bogenberg. Wobei sie eine Wallfahrt und eine Kerze versprachen. Diesem Gelöbnis sind die Holzkirchner bis heute treu geblieben.
Am Pfingstsonntag werden die Wallfahrer gegen 13 Uhr am Bogener Stadtplatz erwartet. Die Votivkerze wird gesegnet, bevor die Pilgerer den schweren und sehr anstrengenden Weg zum Bogenberg antreten. Die „Lange Stang“ wie sie im Volksmund genannt wird, liegt nun nicht mehr auf den Schultern der Wallfahrer, nein sie wird stehend zur Muttergottes getragen. Nun sind die stärksten Burschen gefordert, die Kerze im Laufschritt an den Kreuzwegstationen heil zum Wallfahrtsheiligtum zu tragen. Muskelkraft und Balancierkunst ist hier gefordert. Nach wenigen Metern wechseln sich die Burschen ab, denn lange kann das keiner durchhalten. Auf keinen Fall darf die Stange umfallen. Der Sage nach würde dies großes Unheil, ja sogar Krieg verheißen.
Oben angekommen wird die „lange Stang“ in der Kirche vor dem Chorbogen zur Kerze aus dem letzten Jahr gestellt. Nach altem Brauch wird dann die Kerze aus dem vorletzten Jahr in Scheiben zersägt und als Mitbringsel oder Glücksbringer unter den Pilgern verteilt und mit nach Hause genommen.