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Josef Müller – „As the Ochsensepp says…“

Josef Müller – „As the Ochsensepp says…“

Von: Tilman Weigel

„As the Ochsensepp says…“, so erklärt Gerhard Polt den Einwohnern des fiktiven afrikanischen Landes Tschurangrati, den Tschurangratles, die bayerische Demokratie. Genauer gesagt das Demokratieverständnis eines ebenfalls fiktiven Mitarbeiters der Hanns-Seidel-Stiftung.

Dieser Ochsensepp heißt eigentlich Josef Müller. Den Beinahmen bekam er schon als Schüler, da er in den Ferien als Fuhrknecht arbeitete. Denn der Sepp war nicht wie die meisten seiner Klassenkameraden Sohn eines Arztes, Ingenieurs oder Unternehmers, sondern kam von einem Bauernhof in Steinwiesen bei Kronach.

Josef Müller

Ob ihn Polt wegen seine Namens oder seiner Reden ausgewählt hat, wissen wir nicht. Fest steht aber, dass der Ochsensepp tatsächlich eine interessante Persönlichkeit war. Schon allein deshalb, weil er im vorwiegend von Mitläufern geprägten Nachkriegsdeutschland einer der Wenigen war, die während des Dritten Reiches im Widerstand gegen Hitler aktiv war.

Zunächst hatte sich auch Josef Müller dem Regime gebeugt. Als Rechtsanwalt wirkte er unter anderem an Arisierungen mit. Allerdings verteidigte er vor Gericht auch NS-Gegner.

1939 wurde er einberufen und dem Amt Ausland/Abwehr des Oberkommandos der Wehrmacht zugeordnet. Doch schon bald nahm er Kontakt mit dem Vatikan auf. Der sollte zwischen dem militärischen Widerstand und den Briten verhandeln. Doch das Projekt scheiterte, der Ochsensepp wurde verraten und verhaftet. Er landete zuerst im Gefängnis und schließlich im KZ, genauer gesagt nacheinander im KZ Buchenwald, Flossenbürg und schließlich in Dachau. Mit dem Fernsehfilm „Der X-Bericht“ wurde diese Episode seines Lebens sogar verfilmt.

Josef Müller (rechts) bei der Rittersturz-Konferenz im Jahr 1948 - Foto: Bundesarchiv, B 145 Bild-F046120-0019 / Vollrath / CC-BY-SA

Nach dem Krieg wollte der Katholik eine neue Bayerische Volkspartei gründen, diesmal allerdings eine, die auch für Protestanten offen gewesen wäre. Dazu rief er in München den „Mittwochskreis beim Ochsensepp“ ins Leben, aus dem später die Münchner Wurzel der CSU (im Gegensatz zur Würzburger) wurde.

Der Ochsensepp wurde ihr erster Vorsitzender und war sogar im Gespräch für das Amt des Bayerischen Ministerpräsidenten. Doch Müller war vielen zu liberal. Er lag im Konflikt mit dem katholisch-konservativ-altbaierischen Flügel um Alois Hundhammer, der Hans Ehard zum ersten bayerischen Ministerpräsidenten machte.

Josef Müller wurde stattdessen Justizminister und stellvertretender Ministerpräsident. Doch 1952 stolperte er über den Vorwurf, Gelder für eine jüdische Wiedergutmachungsorganisation veruntreut zu haben. Bereits zuvor hatte er als Justizminister mit seiner Ablehnung gegen die Möglichkeit, Helfer und Profiteure der Arisierung verklagen zu können, ehemalige Mitstreiter gegen Hitler verärgert.

1960 versuchte er noch einmal die Rückkehr in ein wichtiges Amt. Er kandidierte als Münchner Oberbürgermeister, verlor jedoch die Wahl gegen Hans-Jochen Vogel. 1979 starb er in München.

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