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Gustl Mollath aktuell | Die Rolle von Merk und eine Reihe von Fehlern

Gustl Mollath aktuell | Die Rolle von Merk und eine Reihe von Fehlern

Warum war er gefangen?
Warum war er gefangen?

Seit dem 6. August 2013 ist Gustl Ferdinand Mollath endlich wieder ein freier Mann. 7 Jahre lang wurde der heute 56-jährige wegen angeblicher Gemeingefährlichkeit in einer Psychiatrie eingesperrt. Es begann damit, dass Mollath bemerkte, dass seine damalige Ehefrau, Angestellte der HypoVereinsbank, wiederholt Schwarzgeld-Verschiebungen in die Schweiz vorgenommen hatte. Sein Unrechtsbewusstsein und die Angst vor rechtlichen Konsequenzen veranlassen ihn, die illegalen Geschäfte seiner Frau, Petra Mollath, bei der HypoVereinsbank anzuzeigen. Die Bank leitet interne Ermittlungen ein.

Nachdem seine Frau ihn beschuldigt hat, er habe sie geschlagen und gewürgt, wird Gustl Mollath selbst zum Angeklagten. Es kommt zu einem Gerichtsverfahren. Im Zuge dieses Verfahrens wird eine psychiatrische Untersuchung angeordnet, deren Ergebnis lautet, er habe ein paranoides Gedankensystem entwickelt und sei außerdem gemeingefährlich. Das Gericht hält ihn für schuldunfähig und lässt ihn erneut in der Psychiatrie unterbringen. Erst jetzt, nach 7 Jahren, wurde Gustl Mollath aus der Anstalt entlassen und das Verfahren wieder aufgenommen.

[sws_yellow_box box_size=“640″]Inhalte des Artikels
Gustl Mollath aktuell | Die Rolle von Merk und eine Reihe von Fehlern
Vorwürfe gegen Mollath
Wie kam es zur Unterbringung in der Psychiatrie
Eine weitere Straftat folgt
Das Urteil im Fall Mollath
Der Fall gelangt an die Öffentlichkeit
Auch die Politik muss sich rechtfertigen
Unerwartete Freilassung
Nur ein Einzelfall?
Eine Reihe von Fehlern
Fazit [/sws_yellow_box]

Vorwürfe gegen Mollath

Vor Gericht muss sich Gustl Mollath einigen Beschuldigungen stellen. Ein Anklagepunkt gegen ihn lautet Körperverletzung. Er soll seine damalige Frau körperlich schwer misshandelt haben. Diese gibt an, von ihrem Mann brutal geschlagen und sogar gebissen worden zu sein. Anschließend habe er sie so lange gewürgt bis sie das Bewusstsein verloren hat. Laut Anklage hat Mollath zu einem späteren Zeitpunkt seine Frau in der einstmals gemeinsamen Wohnung gegen ihren Willen festgehalten. Daher muss er sich zusätzlich gegen den Verdacht der Freiheitsberaubung wehren. Darüber hinaus wurde er wegen Diebstahls diverser Briefe seiner getrennt lebenden Frau beschuldigt. Diese soll er aus dem Briefkasten gestohlen haben.

Auch Sachbeschädigung, das Zerstechen von Autoreifen, wird ihm zur Last gelegt. In einem Beschluss vom Amtsgericht Nürnberg Anfang 2003 wird dazu noch die Durchsuchung seiner Wohnung angeordnet. Die Durchsuchung wird durchgeführt auf Grund eines Ermittlungsverfahrens wegen Schusswaffenbesitzes. Aussagen seiner Frau haben zu diesem Ermittlungsverfahren geführt.

Wie kam es zur Unterbringung in der Psychiatrie

Der Verdacht, es könne bei Gustl Mollath eine gravierende psychische Erkrankung vorliegen, kommt im September 2003 auf. Laut Einschätzungen einer Fachärztin, die mit Petra Mollath über deren Mann gesprochen hat, sei dies zu prüfen.

Die Anwältin Frau Mollaths erwirkt bei Gericht während der Hauptverhandlung die Anordnung eines entsprechenden Gutachtens. Herr Mollath dagegen zeigt seine Ex-Frau wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung an. Seiner Anzeige wird wegen mangelnder konkreter Vorwürfe nicht nachgegangen. Der Verdacht, Gustl Mollath könnte tatsächlich psychisch erkrankt sein, erhärtet sich. Gustl Mollath wird zu zwei Terminen zwecks der Begutachtung eingeladen.

Zu beiden Terminen erscheint er nicht. Eine Untersuchung war somit nicht möglich. Auf Empfehlung des zuständigen Arztes während der Hauptverhandlung ordnet das Gericht daraufhin an, Gustl Mollath für die Dauer von höchstens sechs Wochen zur Begutachtung seines geistigen Zustands in der Psychiatrie unterzubringen. Geprüft werden soll, ob der Verdächtige zum Zeitpunkt der Taten schuldfähig war oder wegen einer schweren seelischen Störung als nicht schuldfähig eingestuft werden müsse. Die Einweisung dient ausschließlich der Untersuchung und keiner längerfristigen Unterbringung. Schon vor dem Psychiatrieaufenthalt gibt Mollath immer wieder an, durch dieses Vorgehen wolle man ihn zum Schweigen bringen, da er dabei sei einen Schwarzgeld-Skandal von riesigem Ausmaß aufzudecken.

Eine weitere Straftat folgt

Im September 2005, also nach dem Aufenthalt in der Klinik und nach der Erstellung des Gutachtens, folgt eine weitere Anklage. Während noch über den Vorwurf der gefährlichen Körperverletzung und Freiheitsberaubung verhandelt wird, tauchen neue Vorwürfe auf. Nun wird Mollath Sachbeschädigung in neun Fällen vorgeworfen. Es wurden Autoreifen zerstochen. Gustl Mollath, der eine eigene Werkstatt besitzt, wird mit den Taten in Verbindung gebracht. Die Geschädigten sind unter anderem Freunde von Frau Mollath, sowie deren Scheidungsanwältin. Der Fall wird an das Landesgericht Nürnberg-Fürth übertragen. Das Landesgericht kommt zu den Schluss, dass von Mollath eine Gefährdung der Öffentlichkeit ausgeht und ordnet nun die einstweilige Unterbringung in einer psychiatrischen Klinik an.

Endlich frei
Endlich frei

Das Urteil im Fall Mollath

Nach einem drei Jahre andauernden Prozess wird am 13. Februar 2007 das Urteil verfasst. Das Gericht sieht es als erwiesen an, dass Mollath seine damalige Frau misshandelt und eingesperrt hat. Schuldig gesprochen wird er allerdings nicht. Grund hierfür ist das erstellte Gutachten. In dem Gutachten wird bescheinigt, dass der Angeklagte ein paranoides Gedankensystem entwickelt hat. Seine diffusen Anschuldigungen gegenüber seiner Frau scheinen ein weiterer Beleg für die Diagnose zu sein. Mollath ist also nicht schuldfähig. Unter diesen Bedingungen wird von einer Haftstrafe zwar abgesehen, doch stattdessen wird er in einer psychiatrischen Klinik verbleiben müssen. Begründet wird diese Entscheidung damit, die Allgemeinheit vor ihm schützen zu müssen. Vom Vorwurf des Diebstahls wird er freigesprochen.

Der Fall gelangt an die Öffentlichkeit

Erst ziemlich spät, im Jahr 2011, wird der Fall von Gustl Ferdinand Mollath öffentlich bekannt. Seitdem berichten immer wieder verschiedene Medien über einen Justizskandal. Kritisiert wird sowohl die Tatsache, dass die Vorwürfe Mollaths gegenüber seiner Ex-Frau scheinbar ignoriert wurden, aber auch die lange Zeit in der Psychiatrie. Im November 2012 wurden seine Vorwürfe bestätigt. Ein Revisionsbericht der HypoVereinsbank wird veröffentlicht, in dem unter anderem Mollaths Frau nicht legale Geschäfte nachgewiesen werden. Auch anderen Mitarbeitern der Bank wird in dem Bericht Beihilfe zur Steuerhinterziehung nachgewiesen.

Auch werden Vorwürfe laut, bei dem Verfahren gegen Mollath seien Fehler gemacht worden. Während der Verhandlung sollen wichtige Unterlagen gefehlt haben. Die Strafanzeige der Ex-Frau Mollaths, in der sie ihren ehemaligen Gatten zu Unrecht des Waffenbesitzes beschuldigt, ist während der Hauptverhandlung nicht erwähnt worden. Diese Tatsache hätte allerdings ein anderes Licht auf Petra Mollath und deren Glaubwürdigkeit geworfen. Dass die erste ärztliche Stellungnahme allein auf der Aussage der Ex-Frau beruht und auch das spätere Gutachten fast ausschließlich nach Aktenlage erstellt wurde, sind weitere Punkte, die kritisiert werden. Mit dem Erwachen des öffentlichen Interesses wird auch die bayrische Justizministerin Merk mit Vorwürfen belastet.

Auch die Politik muss sich rechtfertigen

Am 15. Dezember 2011 meldet sich die bayrische Justizministerin Merk vor dem Landesparlament zu Wort. In ihrer Rede bestreiten sie , Mollath sitze wegen seiner Behauptungen einen Schwarzgeld-Skandal aufdecken zu können in der Psychiatrie. Knapp ein Jahr später veranlasst Merk, dass die Möglichkeit eines Wiederaufnahmeantrags geprüft werden soll.

Ein Grund für die Wiederaufnahme des Verfahrens ist das Attest, welches die Verletzungen Petra Mollaths dokumentiert. Das Attest wird vom Oberlandesgericht Nürnberg als unechte Urkunde eingestuft.

Unerwartete Freilassung

Nachdem Gustl Mollath sieben Jahre in einer psychiatrischen Anstalt verbracht hat, wurde er nun völlig unerwartet am 6. August entlassen. Sowohl Mollaths Anwalt, als auch die Staatsanwaltschaft haben die Wiederaufnahme des Verfahrens beantragt. Das Oberlandesgericht hat nicht nur dem Antrag auf Wiederaufnahme entsprochen, sondern auch gleich die sofortige Freilassung von Gustl Mollath angeordnet. Eine weitere Unterbringung wäre nicht zulässig, da das bisherige Urteil mit der Wiederaufnahme des Verfahrens unwirksam geworden ist. Das Verfahren muss nun neu aufgerollt werden. Es wird also ein zweites Mal geprüft, ob die Vorwürfe gegen Mollath Bestand haben. Auch die Schuldfähigkeit des Angeklagten wird erneut geprüft werden.

Wie geht es weiter?
Wie geht es weiter?

Nur ein Einzelfall?

Nun schwebt natürlich die Frage im Raum, ob dieses Schicksal nur ein Einzelfall ist, oder ob es ähnliche Fälle gibt. Allein im letzten Jahr waren deutschlandweit mehr als 6700 Menschen in psychiatrischen Anstalten untergebracht. Eine erschreckend hohe Zahl. Mollath hat am Ende der öffentlich Druck geholfen, eine Wiederaufnahme des Verfahrens zu erwirken. Doch das hätte ebenso gut anders kommen können. Was passiert mit jemandem, dem diese Unterstützung versagt bleibt. Auch Mollath würde wohl noch immer eingesperrt sein ohne diese Unterstützung. Justizministerin Leutheusser-Schnarrenberger hat jedenfalls angekündigt, die Einweisung in die Psychiatrie in Zukunft zu erschweren, um Fälle wie diesen zu vermeiden. Für Gustl Mollath allerdings kommt diese Einsicht sehr spät. Ihn hat die Entscheidung des Gerichts lange Jahre der Freiheit gekostet, sollte sich der Verdacht gegen ihn bei der nächsten Verhandlung nicht erhärten. Sollte die Verhandlung tatsächlich ergeben, dass er unschuldig ist, wäre seine lange Unterbringung ein wirklicher Skandal. Das Gesetz soll zukünftig so reformiert werden, dass eine Unterbringung in der Psychiatrie nur in gravierenden Fällen möglich ist.

Eine Reihe von Fehlern

Der Fall des Gustl Mollath zeigt, wie wichtig es gerade in der Justiz ist allen Anschuldigungen und Hinweisen gewissenhaft und gründlich nachzugehen. In diesem Fall wäre vielleicht der Verdacht einer Psychose nicht aufgekommen, oder zumindest angezweifelt worden, wäre den Anschuldigungen seitens des Angeklagten nachgegangen worden. Der Beweis für die Richtigkeit hätte bereits viel früher erbracht werden können. Auch die Ungültigkeit des Attests hätte schon zu Beginn der Verhandlung festgestellt werden können. Genauso hätte das Gutachten des Sachverständigen, das beinahe ausschließlich auf der Kenntnis der Akten beruht, nicht für eine Entscheidung von solcher Tragweite ausreichen dürfen. Es sind demnach eine Menge Fehler unterlaufen, die nicht hätten passieren dürfen. Daneben wurde auch einer der Richter für befangen erklärt und gab selbst zu, von Mollath vorgebrachten Beweisen keine weitere Aufmerksamkeit geschenkt zu haben.

Fazit

Die Art, wie Mollath die Anzeigen gegen seine Frau vorgebracht hat, mag merkwürdig und unzusammenhängend erscheinen. Doch hat sich gezeigt, dass seine Anzeigen durchaus berechtigt waren. Es ist demnach davon auszugehen, dass auch jemand, der verwirrt erscheinen mag, die Wahrheit spricht. Der Fall macht einmal mehr deutlich, wie wichtig ein funktionierender Rechtsstaat ist. Denn auch wenn sich bei der erneuten Hauptverhandlung herausstellt, dass Mollath schuldig im Sinne der Anklage ist, hat er einen fairen und sorgfältig durchgeführten Prozess verdient.

http://www.br.de/nachrichten/mittelfranken/gustl-mollath-110.html
http://de.wikipedia.org/wiki/Gustl_Mollath
http://www.strate.net/de/dokumentation/Mollath-Wiederaufnahmeantrag-StA-Regensburg-2013-03-18.pdf
http://www.spiegel.de/panorama/gesellschaft/gustl-mollath-gutachter-und-juristen-kritisieren-umgang-a-915494.html

Artikelbild Oben:©panthermedia.net Wavebreakmedia ltd
Artikelbild Mitte:©panthermedia.net Josef Müllek
Artikelbild Unten:©panthermedia.net Allan Swart

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