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Was in Gänheim zum Gähnen ist – Ortsnamen in Unterfranken

Was in Gänheim zum Gähnen ist – Ortsnamen in Unterfranken

Von: Tilman Weigel

So lustig wie in Hessen ist es in Unterfranken nicht. Zumindest nicht, was die Ortsnamen angeht. Denn gleich hinter der Landesgrenze liegen die Orte Linsengericht und Sterbfritz. Linsengericht ist vermutlich eine Verballhornung von Lindengericht. Die Gemeinde Sterbfritz hieß ursprünglich Starkfriedshausen, woraus im Lauf der Zeit erst Sterpfrids und später eben Sterbfritz wurde.

Himmelstadt ist weder eine Stadt, noch hat der Ort was mit Himmel zu tun - Foto: Jo Oh

Dafür gibt es in Unterfranken eine kleine Gemeinde, die wie wohl kaum eine andere in Bayern aufgrund ihres Namens bekannt wurde: Himmelstadt. Der Name zeugt allerdings keineswegs von einer besonderen Frömmigkeit der Bewohner. Er leitet sich von der Tochter des Frankenherzogs Hetan ab, einer Dame namens Immina. Nach ihr wurde der Ort Immestat genannt. Daraus wurde im Laufe der Jahrhunderte Himmelstadt, wenngleich der Ort bis heute keine Stadt ist.

Der Weg von Himmelstadt nach Westen führt passenderweise nach Marktheidenfeld. Das wiederum ist aber kein Markt, sondern eine Stadt und hat so wenig mit den Heiden zu tun wie Himmelstadt mit dem Himmel. Vielmehr wurde es vermutlich nach einem gewissen Heidino benannt. Der Namenszusatz Markt dagegen meint tatsächlich eine Marktgemeinde, denn Stadt ist Marktheidenfeld erst seit 1948. Umgekehrt verhält es sich übrigens mit Stadtlauringen bei Schweinfurt. Das ist ein Markt, war aber bis 1818 eine Stadt und trägt den Titel Stadt deshalb noch im Namen.

Arnstein mit Müdesheim und Gänheim - Foto: Björn Reusch

Gemächlich geht es – zumindest im Bezug auf die Ortsnamen – im Raum Arnstein zu. Denn zu der Kleinstadt im Osten des Landkreises Main-Spessart gehören die beiden Ortsteile Gänheim und Müdesheim. Der Name Gänheim leitet sich von einem Herren namens Gawin, Gauwan oder Gowin ab. Wie dann aus Gawinheim Gänheim wurde, ist nicht bekannt. 1647 gab es der Ortschronik zufolge nur noch zwei Männer im ganzen Dorf. Aus Frauensicht natürlich zum gähnen. Allerdings hieß der Ort da längst Gänheim.

Von dort nach Osten kommt man in der Nähe von Schweinfurt nach Poppenhausen. Der Ursprung des Ortsnamens ist aber keineswegs unanständig. Auch mit Popen – also Priestern – hat er nichts zu tun. Diese Bezeichnung ist nämlich nur in der orthodoxen Kirche gebräuchlich. Vielmehr kommt er von dem Personennamen Poppo oder Boppo, eine Kurzform von Bodebert, was so viel wie „der als Herrscher glänzende“ bedeutet.

Pfui, wer Böses denkt: die Innenstadt von Poppenhausen - Foto: Scheurebe2000

Ein Quell für originelle Namen ist jedoch die Rhön. Dort liegt der Weiler Gückelhirn. Die Herkunft des Namens ist allerdings auch hier eher unspektakulär. Die Bedeutung von Gückel ist die gleiche wie von Gugel im Gugelhupf. Sie bedeutet rund. Hirn hat hier nichts mit dem Gehirn zu tun, sondern mit einer Sumpflache. Gückelhirn ist also die runde Sumpflache.

Auch Strahlungen, Untergeiersnest, Waldfenster und Neuwirtshaus sind nicht weit. Bei Waldfenster spielt wie bei Gückelhirn möglicherweise ein Sumpf eine Rolle. Denn Venn oder Fenn ist ein Morast. Der Ort hieße dann ursprünglich Waldvenn, also Waldsumpf. Gegen diese Theorie spricht allerdings, dass das Wort Venn eher im Norden Deutschlands gebräuchlich ist. Andere Theorien meinen daher, dass mit Waldfenster tatsächlich ein Waldfenster gemeint ist, also eine Lichtung.

Glück und Pech zugleich hatten die Bad Kissinger. In alten Urkunden hieß der Ort Chizzicha. Das hört sich nach mexikanischem Badeort an und wäre für die Fremdenverkehrsmanager sicher ein Geschenk des Himmels. Aber immerhin: Weiter im Süden enden die meisten Orte bekanntlich nicht auf -ingen, sondern auf -ing. Bad Kissing ist aber bekanntlich auch die englische Übersetzung von „schlechtes Küssen“.

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