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Das Reichsparteitagsgelände in Nürnberg

Das Reichsparteitagsgelände in Nürnberg

Von: Tilman Weigel

Zugegeben, es ist kein Museum für einen heiteren Samstagnachmittag. Wer in Nürnberg ein Museum für einen fröhlichen Ausflug sucht, sollte lieber das DB- oder das Spielzeugmuseum wählen als ausgerechnet das Dokumentationszentrum Reichsparteitagsgelände.

Vorgeschichte

Die Ehrenhalle im Luitpoldhain - Foto: Dwi Secundus

Dabei liegt das Museum eigentlich recht idyllisch direkt am Dutzendteich. Tatsächlich ist das Aral ein traditionsreiches Naherholungsgebiet. Schon im 19. Jahrhundert kamen die Nürnberger zum Entspannen hier her. Die Stadt ließ ein Strandbad einrichten und später eine Uferpromenade anlegen, Gasthäuser und Biergärten siedelten sich an.

1906 wurde das Gelände zur Bayerischen Landesausstellung großzügig ausgebaut. 1912 wurde am Dutzendteich auch der Zoo gegründet und ab 1923 entstand das im damals modernen Bauhausstil gestaltete Städtische Stadion, der Vorläufer des heutigen Easy-Credit-Stadions (früher Frankenstadion) als Teil eines Sportparks. Nürnberg dachte sogar über eine Bewerbung für die Olympischen Spiele 1936 nach, verzichtete aber zugunsten Berlins.

Reichsparteitage

Für die Reichsparteitage wurde u.a. die Ehrentribüne errichtet, hier eine Aufnahme von 1942 - Foto: Bundesarchiv, Bild 146-2008-0028 / Gasser, Karl / CC-BY-SA

Doch schon 1927 hatte die Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei, kurz NSDAP, ihren dritten Reichsparteitag in Nürnberg abgehalten. Die ersten beiden hatten noch in München und Weimar stattgefunden. Doch Nürnberg war gut erreichbar, die lokale NSDAP war gut organisiert und im Umland hatten die Nationalsozialisten bei den Wahlen gute Ergebnisse erzielt. Auch die Polizei galt den Rechten gegenüber als relativ wohlwollend und Hitler mochte die Nürnberger Altstadt. Außerdem hatten schon die Reichstage des Heiligen Römischen Reichs Deutscher Nation hier stattgefunden.

Die Kongresshalle wurde nie fertig gestellt - Foto: Nicohofmann

Die Nürnberger sahen das Spektakel mit gemischten Gefühlen. Einerseits waren auch viele Nürnberger der neuen Ideologie gegenüber nicht abgeneigt, die Wahlerfolge er NSDAP lagen etwa im Reichsdurchschnitt. Außerdem brachten die Gäste Geld in die Stadt. Andererseits waren auch SPD und KPD in Nürnberg stark und mit den Nationalsozialisten verfeindet. Zudem benahmen sich die Parteigenossen außerhalb des Paradeplatzes alles andere als diszipliniert.

Nach der Machtergreifung 1933 ging es so richtig los. Es wurde gebaut. Hatten die ersten Paraden noch im Luitpoldhain stattgefunden, so entstand nun weiter südlich ein eigenes Reichsparteitagsgelände. Eine Kongreßhalle wurde gebaut und auf dem Zeppelinfeld eine große Tribüne mit Rednerkanzel. Sie ist der wohl bekannteste heute noch stehende Teil. Weiter im Süden wurde für Militärvorführungen das Märzfeld mit eigenem Bahnhof angelegt, für Arbeiter und Gäste wurden Unterkünfte und für die SS eine Kaserne gebaut. Ab 1935 durfte sich Nürnberg offiziell „Stadt der Reichsparteitage“ nennen.

Das Museum

Das Dokumentationszentrum am Reichsparteitagsgelände - Foto: Chris Baier (chrisglub), http://www.chrisbaier.com

Die meisten Bauwerke wurden nie fertig gestellt, vieles zurückgebaut oder im Krieg zerstört. In eine ehemalige Trafostation zog eine Hamburger-Kette und in das ehemalige Wohngebäude der Deutschen Arbeitsfront ein Altenheim. Anderes wurde nie fertig. Für das gigantische Deutsche Stadion wurden nur die Baugruben ausgehoben. Eine davon lief voll und besteht heute weiter als Silbersee. Das Areal wurde wieder Naherholungsgebiet und die Paradestrecke („Große Straße“) ist heute Parkplatz für die Messe und das Volksfest.

Die Andenken an die NS-Zeit wären die Nürnberger lange Zeit gerne los geworden. Doch man besann sich und beschloss 1994 die Errichtung eines Museums in der halbfertigen Kongreßhalle. 2001 wurde es eröffnet und schon 2002 vom Verband britischer Reisejournalisten zum besten Museum außerhalb Großbritanniens gewählt.

Neben der Dauerausstellung zum Nationalsozialismus und zu den Reichsparteitagen gibt es regelmäßig Sonderausstellungen und seit kurzem auch einen Ableger im Justizpalast zur Geschichte der Nürnberger Prozesse.

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