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Man nennt ihn nur den Club

Man nennt ihn nur den Club

Von: Tilman Weigel

Es gibt viele Fußball-Clubs in Deutschland. Aber nur einer ist „der Club„. Selbst eingefleischte Bayern-, Köln- oder Kaiserslautern-Fans würden sich nicht angesprochen fühlen, wenn vom Club die Rede ist, obwohl ihre Vereine sich auch alle als Fußballclubs (FC) bezeichnen. Noch erstaunlicher ist, dass jener junge Mann, der in einem Münchner Biergarten einen Club-Sieg als „wichtigstes Ergebnis“ des Tages verkündet, nicht nur überlebt, sondern sogar Applaus bekommt. Der 1. FC Nürnberg ist bis heute nicht irgend ein Verein. Anders als beim FC Bayern liegt das aber weniger an der Gegenwart, als vor allem an der großen Vergangenheit.

Nicht einfach nur ein Fußballverein: der 1. FCN - Foto: Holger Schossig

Über 60 Jahre lang, von 1924 bis 1987, waren die Nürnberger Rekordmeister. Seit 1988 dürfen die Bayern sich so nennen, mit mittlerweile 21 Titeln haben sie den Club mit neun Meistertiteln weit abgehängt. Einen anderen Rekord halten die Nürnberger immer noch. Zusammen mit Bielefeld sind sie Rekord-Ab- und -Aufsteiger. Siebenmal stiegen sie in die zweite Liga ab, siebenmal wieder auf. Außerdem ist der Club die einzige Mannschaft, die direkt im Anschluss an einen Titelgewinn abstieg – dies war im Jahr 1969, nach der letzten deutschen Meisterschaft 1968 der Fall.

Die erste Mannschaft des Club im Jahr 1902

Ganz anders war es in den 1920er Jahren. Damals waren die Nürnberger so dominant wie heute die Bayern. Vom Ende des Ersten Weltkriegs bis 1930 war der Club in zwölf Jahren neunmal Erster und dreimal Zweiter in der süddeutschen Liga – die Bundesliga gab es noch nicht. Bei der anschließend stattfindenden Endrunde um die Deutsche Meisterschaft siegten die Clubberer sechsmal.

Dabei wollten die 18 Gymnasiasten, die den FC im Jahr 1900 gründeten, eigentlich Rugby spielen. Doch dazu brauchte man 30 Spieler. Das erste Spiel fand ein Jahr später gegen den FC Bamberg statt, man siegte mit 2:0. Auch die erste Niederlage kam bald, mit 0:6 verlor der Club ausgerechnet gegen Bayern München.

Einer der Leistungsträger in den 80er und 90er Jahren: Andreas Köpke - Foto: Thomas Holbach, http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/de/legalcode

Den ersten Titel holten sie 1919. Nachdem sie mit 115 zu sechs Toren die süddeutsche Liga dominiert hatten, besiegten sie im Endspiel um die Deutsche Meisterschaft die Nachbarn aus Fürth. Die Region Nürnberg war damals das Zentrum des deutschen Fußballs. Auch die Fürther holten in den 1920er Jahren zwei Titel und auch in den damals parallel stattfindenden Deutschen Meisterschaften der Arbeitersportvereine, der Turnerschaft und der DJK gehörten Nürnberger und Fürther Mannschaften zu den Spitzenreitern. 1927 standen in den Endspielen der vier Meisterschaften drei Nürnberger Mannschaften, Fürth kam im DFB-Wettbewerb immerhin bis ins Halbfinale.

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden die Nürnberger zwar noch zweimal deutscher Meister, konnten aber nie wieder zu alter Bedeutung zurückkehren. Den größten Erfolg der letzten Jahrzehnte feierte der Club 2007, als er für viele überraschend DFB-Pokalsieger wurde. Nach 39 Jahren konnte endlich wieder ein Title gefeiert werden. Zwischendrin stiegen sie in fast jedem Jahr auf oder ab. Aber die Club-Fans sind treu. Sie denken sich: „Der Club is‘ a Depp“ und kommen trotzdem wieder.

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