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Warum die Maß kein Schoppen ist

Warum die Maß kein Schoppen ist

Von: Tilman Weigel

Wer in Bayern im Gasthaus einen Liter Bier bestellt, verlangt eine Maß. Und wer auf einem Weinfest oder in einer Heckenwirtschaft in Unterfranken einen Viertelliter Wein möchte, fragt die Bedienung nach einem Schoppen. Warum eigentlich?

In Bayern ist eine Maß ein Liter (meistens zumindest) - Foto: senator86, http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/de/legalcode

Die Antwort gibt ein Blick in das Würzburger Kochbuch von 1862. Schoppen und Maß sind nämlich nichts anderes, als alte bayerische Maßeinheiten. Genau genommen müsste man sogar sagen, alte süddeutsche Einheiten. Denn auch andere Ländern kannten Maß und Schoppen, allerdings entsprach ein Schoppen in Bayern einem Viertelliter, in Baden 0,375 Liter und in Württemberg 0,459 Liter. Noch heute bekommt man in der Pfalz meistens einen halben Liter Wein, wenn man einen Schoppen bestellt, in Franken dagegen einen Viertelliter. Die Maß war in Württemberg 1,5 Liter, in Bayern dagegen rund ein Liter. Eigentlich sogar etwas mehr, auch wenn man heute vor allem in München meistens etwas weniger als einen Liter bekommt, wenn man einen Maß bestellt.

Das Kochbuch gibt auch Auskunft darüber, was jemand zu wenig hat, dem ein Quentchen Glück gefehlt hat, nämlich rund vier Gramm Glück, denn ein bayerisches Quentchen entspricht ungefähr vier Gramm. Wer damals handeln wollte, musste gut kopfrechnen können. Denn nicht nur, dass jedes Land andere Gewichte hatte. Sie bauten auch keineswegs so logisch aufeinander auf wie das heute der Fall ist, denn viele Maß- und Gewichtseinheiten orientierten sich an natürlichen Maßen wie Fuß, Elle oder auch der Morgen, die Größe, die an einem Vormittag mit einem Pferde- oder Ochselpflug zu bearbeiten war. Vier bayerische Quentchen beispielsweise waren ein Loth, 32 Loth wiederum ein bayerisches Pfund, das 560 Gramm entspricht.

Drei Schoppen Wein enthält ein Bocksbeutel - Foto: Mussklprozz, http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/de/legalcode

Einzelne Berufsgruppen hatten wiederum eigene Einheiten. Bei den Apothekern hatte ein Pfund statt 560 nur 358 Gramm, das sogenannte Nürnberger Apothekerpfund. Das Nürnberger Apothekergran wiederum hatte 19.600 Nürnberger Grän, was 980 Nürnberger Skrupeln entsprach. Dieses Nürnberger Medizinalgewicht war am Anfang des 18. Jahrhunderts nicht nur in Bayern, sondern in allen deutschen Staaten außer Lübeck und außerdem im größten Teil Nord- und Osteuropas Standard.

Kein Wunder, dass im immer mehr zusammenrückenden Europa der Ruf nach einem einfacheren und einheitlichen System laut wurde. Im revolutionären Frankreich wurde deshalb das metrische Maß erfunden. In Bayern stand 1809 eine Vereinheitlichung der Maße an, denn das Land war deutlich größer geworden. Nicht nur Franken und Schwaben, auch Städte wie Freising und Regensburg kamen neu hinzu. In Aschaffenburg betrug ein Fuß 290,50 Millimeter, der Nürnberger Fuß dagegen war 303,75 Millimeter lang und selbst in den vor 1800 bayerischen Regionen wichen die Definitionen der Maße ab. Doch obwohl Frankreich längst den Meter eingeführt hatte, orientierte man sich bei der Vereinheitlichung nicht am metrischen System, sondern am alten, in Frankreich schon abgeschafften Maß, den Pariser Linien und definierte den bayerischen Fuß als 129,38 Parisier Linien.

In der Pfalz dagegen war das metrische System während der französischen Besatzung eingeführt worden. Nach dem Anschluss an Bayern wollte man den Pfälzern nicht noch ein neues Maß zumuten. Im Rest Bayerns wurde das metrische System erst 1872 eingeführt und seitdem ist die Maß nur noch ein Liter und das Seidla nur ein halber.

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